Der deutsche Mittelstand – das vielgerühmte Rückgrat der Wirtschaft – ist in vielerlei Hinsicht ein Vorzeigemodell. Doch in puncto Digitalisierung und Prozessoptimierung steckt er oft noch im vergangenen Jahrhundert fest. Viele Abläufe sind veraltet, manuelle Bearbeitungen dominieren, und die Dringlichkeit einer Transformation wird häufig unterschätzt oder schlicht ignoriert. Wer heute noch mit Excel-Listen jongliert oder auf Papierprozesse setzt, riskiert, den Anschluss zu verlieren.
Laut aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts nutzen im Jahr 2024 gerade einmal 20 % der deutschen Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten KI-Technologien. Diese Zahl ist ernüchternd, bedenkt man, dass der internationale Wettbewerb längst auf Automatisierung und KI setzt. Besonders kleinere Unternehmen hinken hinterher: Nur 17 % der Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden nutzen KI. Das schreit nach einem grundlegenden Umdenken.
Quelle: Destatis – Künstliche Intelligenz in deutschen Unternehmen
Die Einsatzmöglichkeiten von KI-Technologien sind vielseitig, doch gerade im Mittelstand bleiben viele Potenziale ungenutzt. Häufig fehlt es an einer Vision oder am Mut, notwendige Investitionen zu tätigen. Dabei zeigen erfolgreiche Praxisbeispiele, was möglich ist:
Marketing und Vertrieb: 33 % der KI-nutzenden Unternehmen setzen Technologien zur Analyse von Sprache und Schriftsprache ein. Doch wie viele Mittelständler haben das Potenzial ihrer Daten wirklich erkannt? Zu oft verlassen sie sich noch auf Bauchentscheidungen.
Produktionsoptimierung: 25 % der Unternehmen verwenden KI zur Überwachung und Steuerung von Produktionsprozessen. Doch vielfach wird noch nach dem Prinzip "Das haben wir schon immer so gemacht" gearbeitet.
Unternehmensverwaltung: 24 % implementieren KI-Lösungen zur Automatisierung wiederkehrender Aufgaben wie Terminplanung oder Dokumentenmanagement. Aber in vielen Betrieben stapeln sich nach wie vor Aktenberge.
Quelle: Destatis – Künstliche Intelligenz in deutschen Unternehmen
Warum hält der deutsche Mittelstand an alten Zöpfen fest? Es ist nicht nur die Angst vor Veränderung, sondern oft auch eine Mentalität, die Innovation als Risiko statt als Chance begreift. Zu den häufigsten Hindernissen gehören:
Fachkräftemangel und fehlendes Know-how: 71 % der Unternehmen, die bisher keine KI nutzen, geben mangelnde Kenntnisse und Fachkräfte als Hauptgründe an. Aber statt in Weiterbildungen zu investieren, wird das Problem oft ausgesessen.
Datenschutzbedenken: Rund 53 % der befragten Unternehmen haben Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer Daten. Dabei sind moderne KI-Lösungen oft sicherer als die veralteten Systeme, die heute noch genutzt werden.
Kosten und Komplexität: Insbesondere kleinere Unternehmen schrecken vor den anfänglichen Investitionen zurück – ein fataler Fehler, denn der Preis des Stillstands ist langfristig weitaus höher.
Quelle: Statista – Herausforderungen der Digitalisierung
Die positiven Effekte von KI lassen sich anhand praktischer Beispiele klar belegen. Doch wie viele Mittelständler haben diese Chancen wirklich erkannt?
Produktion: In der Fertigungsindustrie wird KI bereits erfolgreich zur vorausschauenden Wartung eingesetzt. Sensoren erfassen in Echtzeit Daten zu Maschinenzuständen, und KI analysiert diese, um potenzielle Ausfälle frühzeitig zu verhindern. Dennoch arbeiten viele Unternehmen noch reaktiv und verschwenden wertvolle Ressourcen.
Logistik: Die Automatisierung von Routenplanung und Bestandsverwaltung durch KI hat in vielen Unternehmen zu deutlichen Kosteneinsparungen geführt. Trotzdem dominieren vielerorts manuelle Planungen und Excel-Tabellen.
Vertrieb und Kundenbindung: KI-gestützte Chatbots und CRM-Systeme ermöglichen eine nahtlose Kommunikation mit Kunden. Doch der Mittelstand setzt oft noch auf überlastete Vertriebsmitarbeiter, die manuelle Listen abarbeiten.
Der Weg nach vorne: Wie der Mittelstand KI erfolgreich integrieren kann
Die erfolgreiche Implementierung von KI erfordert mehr als nur technische Lösungen – es braucht einen Wandel in der Unternehmenskultur:
Zieldefinition: Welche Prozesse sollen durch KI optimiert werden? Eine ehrliche Analyse der Schwachstellen ist der erste Schritt.
Schrittweise Integration: Statt gleich das ganze Unternehmen zu digitalisieren, sollten Pilotprojekte gestartet werden, die schnelle Erfolge bringen.
Mitarbeiterschulungen: Es reicht nicht, neue Technologien einzukaufen. Die Belegschaft muss befähigt werden, diese auch effektiv zu nutzen.
Aufräumen mit alten Strukturen: Prozesse, die seit Jahrzehnten unverändert sind, gehören auf den Prüfstand. Hier ist Mut zur Veränderung gefragt.
Wer glaubt, dass der Status quo noch lange Bestand haben wird, irrt sich gewaltig.
Der internationale Wettbewerb schläft nicht, und die Digitalisierung ist kein Trend, der vorübergeht. Der deutsche Mittelstand hat enormes Potenzial, aber dieses Potenzial wird nur ausgeschöpft, wenn veraltete Strukturen aufgebrochen und neue Technologien mutig eingesetzt werden. Der Stillstand von heute ist die Insolvenz von morgen.
Gründer und Geschäftsführer der HENKE Consulting GmbH in Neuss.
Dennis Henke und seine Partner unterstützen mittelständische Unternehmen und Hidden Champions in der digitalen Personalgewinnung.
Seine Leistungen reichen von Social Recruiting bis hin zur Implementierung von Karriereportalen und Bewerbermanagement-Systemen. Dabei steht grundsätzlich der 360°-Gedanke im Fokus: die Lösungen sollen dem Unternehmen auch langfristig dienen und das Recruiting erfolgreich und effizient gestalten.